frühere medienwitzbolde

frühere Medienwitzbolde

Hier lesen Sie, wer in der Vergangenheit mit seinen verschrobenen Ideen und/oder Thesen die Ehre hatte als Medienwitzbold des Monats prämiert zu werden.

(den aktuellen Witzbold finden Sie immer hier)

Heißer Kandidat für den Medienwitzbold im Mai 2008 war der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten Thomas Langheinrich. Der hatte anläßlich der Vorstellung eines Gutachtens aus dem Hans-Bredow-Institut zur Rolle der Finanzinvestoren in der Medienwirtschaft nach mehr als einem Jahrzehnt endlich erkannt, dass die publizistische Qualität der privaten Rundfunkwirtschaft mehr als dürftig ist. Langheinrich forderte, “den Ausbau publizistischer Qualität mit besonderen Privilegien” zu belohnen und drohte andererseits auch mit dem Schaumgummihammer stärkerer Regulierung in Form von vorgeschriebenen “Leistungskatalogen”, in denen formuliert ist, was die Privaten an Information zu leisten haben. Das brachte natürlich Ayatollah Doetz postwendend zum Jaulen.

Dennoch reichte es nicht für einen ersten Platz für Langheinrich. Den holte sich Ex-”Spiegel”-Chefredakteur

KA-Aust-und-SPIEGEL_1

Stefan Aust

Stefan Aust

ab. Wobei der Anlass letztendlich weniger lächerlich als traurig ist:

In einem Gespräch zwischen dem ehemaligen Frankfurter Polizeipräsidenten Knut Müller und dem Mitkämpfer von Joschka Fischer zu Zeiten des Frankfurter Häuserkampfes, späteren Frankfurter Stadtkämmerer und Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs im Kosovo, Tom Koenigs, das das Frankfurter Blatt “Pflasterstrand” veröffentlichte, plauderte der Moderator des Gesprächs, Reinhard Mohr, aus dem Nähkästchen. Mohr war selbst Mitte der ‘70er-Jahre AStA-Vorsitzender in Frankfurt und schrieb später für den “Spiegel” immer wieder Artikel, in denen er meinte, sich für seine Vergangenheit entschuldigen zu müssen (die taz widmete dem Renegaten seinerzeit als running Gag eine eigene kleine Artikelserie: “meinhard rohr zur lage der nation im spiegel seines wissens”). Mohr berichtete von einer wenig skrupulöse Anweisung des damaligen “Spiegel”-Chefredakteurs anläßlich

Till Meyer

der Kampagne um die angeblichen Angriffe des Ex-Aussenministers auf einen Frankfurter Polizeibeamten zu Zeiten des Frankfurter Häuserkampfes:

    “Aus einem dieser Organe, bei dem ich damals arbeitete, kann ich berichten, dass dort der Chefredakteur sagte: ’Es ist mir egal, was mit Fischer passiert. Aber wenn er fällt, dann fällt er durch uns.’ Es wurde dann sogar ein ehemaliger 2. Juni-Kämpfer und Stasispitzel, Till Meyer, für den Spiegel hier in Frankfurt als Rechercheur tätig. Soviel zum seriösen Organ.”

    Soviel zu Stefan Aust. Und zum Weiterlesen über Till Meyer hier.

-----

    Ein veritables Eigentor schoss im April 2008 der Leiter des sogenannten “Berlin Institute”, laut Eigenwerbung “ein Thinktank und eine Unternehmensberatung für digitale Medien”. Name des Chefs von einem festen und vier freien Mitarbeitern:

 Robin Meyer-Lucht.

(Verzeihung: das Döktörchen vor dem Namen habe ich vergessen zu erwähnen).

Robin Meyer-Lucht
Quelle: www.berlin-institute.de

ML, der auf der weiter unten erwähnten Journalistenveranstaltung des vprt fast schon auf dem Schoß des Politkommissars Doetz gesessen hatte - so warmherzig empfing ihn dieser wohl aufgrund verschiedener äußerst privatfunkfreundlicher Artikel von R/ML in den letzten Monaten - also Herr Meyer-Lucht hatte ein Videofilmchen produziert, in dem er der “Tagesschau” massive Nachrichtenmanipulationen in eigener Sache vorwarf.

Die “Tagesschau” habe anlässlich der Beilegung des Konflikts zwischen Europäischer Kommission und den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Sachen Zulässigkeit von Rundfunkgebühren die Zuschauer derart falsch informiert, dass es ihn, R/ML, schon an die legendäre DDR-Nachrichtensendung “Aktuelle Kamera” erinnere.

 Sein “Video-”filmchen - mehr Standbildsammelsurium und Texte als Film - sandte er an eine Unzahl von Bloggern, Presseagenturen und andere Multiplikatoren. Manche davon übernahmen die Argumentation des Doetz-Schoßhündchens ungeprüft, berichteten sogar darüber, dass das “Berlin Institute” nun eine “audiovisuelle Rechtsaufsichtsbeschwerde” beim NDR-Rundfunkrat eingereicht habe. Letzteres sicher gutes Recht eines jeden Bürgers und Gebührenzahlers, aber eines Medienforschungsinstituts? Noch dazu mit so einem wohlklingenden Namen, der an “Wuppertal Institut”, gar an “Aspen Institute” denken läßt. Nicht einmal Lutz Hachmeister, ehemaliger Chef des Adolf-Grimme-Instituts (dereinst sicherlich weltweit bekannter unter dem Namen “The Marl Institute”)

Bundespressekonferenz_Gebauede_Berlin

Haus der Bundespressekonferenz
Quelle: WikimediaCommons
Foto: Clemens Franz

war seinerzeit so vermessen, sein “Institut für Medienpolitik” mit Sitz in Berlin “Berlin Institut” zu nennen.

Stefan Niggemeier, renommierter Medienjournalist und Bildblogger, hat dann auch die Aktivität des Herrn Robin/ML komplett zerpflückt. Dem bleibt nichts hinzuzufügen. Interessant allerdings ist Niggemeiers Analyse des Zwecks von MLs Aktion: es handelte sich schlicht und einfach um virale Einwerbung von neuen Aufträgen. Schließlich wollen die Arbeitsräume für den Herrn Institute’s-Leiter und seine vier freien Mitarbeiter im Haus der Bundespressekonferenz bezahlt werden.

-----

Der Februar 2008 war fast zuende, als ich zu einem Pressegespräch beim Privatfunkverband vprt eingeladen wurde, auf dem nicht nur der Ehrenwitzbold vom Oktober 2007 sprach, sondern auch ein junger Mann aus dem Bereichsvorstand Fernsehen und Multimedia des Verbandes, seines Zeichens gleichzeitig auch Justiziar, Verzeihung neudeutsch heißt das ja “Vice President Legal and Regulatory Affairs & General Counsel”, von Premiere. Sein Name

Holger Enßlin.

Bilder von Herrn Enßlin sind im Netz nicht aufzutreiben und bei Premiere scheint er nicht soooo wichtig zu sein, dass man ihm auf der Presseseite des Unternehmens ein Portrait widmet. Beschreibend rubrizieren wir den Herrn einmal unter dem Typ “Jungdynamo”.

Der Duktus, in dem besagter Herr Enßlin auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten schimpfte, erinnerte mich doch sehr stark an gewisse Damen und Herren, die Anfang der Siebziger Jahre die hochoffiziösen Sprachregelungen der gerade aktuellen Parteilinie des Politbüros gewisser K-Sekten herausbellten. ARD und ZDF nannte Enßlin ganz im Sinne des Brüsseler Politbüros immer wieder nur “Beihilfeempfänger”. Den beisitzenden Politkommissar, Genosse Jürgen Doetz, wird die semantische Eilfertigkeit seines Sektionskandidaten sicherlich gefreut haben.

Enßlin jedenfalls warf den öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstaltern vor, dass sie aus Rundfunkgebühren, Verzeihung: Beihilfegeldern, zahlreiche hochwertige Dokumentationen vor allem im Bereich Natur und Geschichte produzierten. Diese “Beihilfe”-geförderten Produktionen wären ein erheblicher Eingriff in den Markt, denn zu gleichen Bedingungen könne die private Medienwirtschaft dergleichen nicht produzieren, obwohl sie doch insgesamt so etwas viel besser könne als die beigeholfene öffentlich-rechtliche Konkurrenz.

Als Beispiel für die hohe Qualität eines derartigen Programmangebotes das unter der wettbewerbsverzerrenden Konkurrenz von ARD und ZDF litte, verwies Genosse Enßlin auf Discovery- und History-Channel im Programmbouquet der anonymen Kapitalistenvereinigung, die ihm seinen Mehrwert abpresst (vulgo: des Arbeitgebers von Herrn Enßlin, also der Premiere AG). Auf Nachfrage musste Ensslin allerdings konzidieren, dass beispielsweise das deutschsprachigen Programme von History-Channel praktisch keine hochwertigen Eigenproduktionen zeigt, sondern sich stattdessen zu einem erheblicher Teil  im Programmfundus deutscher “Beihilfeempfänger” zwecks Zweitverwertung bedient.

Peinlich, peinlich: für diese Anleihen beim Klassenfeind bezahlen sie auch noch. Aktivisten in den 70er Jahren hätten derartige Programme  - als Parallele zu den Raubdrucken wichtiger Bücher - schwarz ausgestrahlt, um das monopolisierte Wissen, dass vom Volk per “Beihilfe” bezahlt wurde, diesem auch wieder zukommen zu lassen.

Vielleicht sollte der “History-Channel” mal über diesen Aspekt deutscher Geschichte eine hochwertige Eigenproduktion drehen lassen, und zwar ohne Beihilfe. Hilfe.

-----

Im Oktober 2007 und außer Konkurrenz

Es gibt eine Person im deutschen Mediengewerbe, die qua Amt fast schon eine Art Abonnement auf den Medienwitzbold hätte. Insofern läuft der VPRT-Präsident, der oberste Privatfunk-Lobbyist

Jürgen Doetz

in diesem Wettbewerb außer Konkurrenz. Manchmal ist der Herr mit seinen verschrobenen Gedankengängen und Sottisen ja ganz amüsant. Vieles kann man tatsächlich auch mit den gebührenden Abstrichen, die man seinem Amt zurechnen muss, leicht abtun, aber was er sich dieser Tage überlegt hat, ist schon eine lobende Erwähnung im Rahmen dieser Rubrik wert.

Auf der Jahrestagung seines Verbandes glänzte er laut epd-medien mit dem Vorschlag, dass die Privatsender auch einen Schluck aus der Rundfunkgebührenpulle beanspruchen sollten. "’Public Value’, so der VPRT, sei auch in Deutschland kein alleiniges Privileg von ARD und ZDF. Auch das Privatfernsehen trage zur gesellschaftlichen Vielfalt bei." so wird Doetz in der taz zitiert.

VPRT-Präsident Jürgen Doetz
Foto: Bischoff

Abgesehen von grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Problemen, die ihm die Verfassungsrichter sofort um die Ohren hauen würden - und das weiss Doetz nur zu genau - muss man sicherlich darüber lachen, welchen “Public Value” die Privatsender bieten: Gerichts-Proll-Shows? So genannte “Nachrichtensendungen” gespickt mit Eigenpromotion statt des wirklich Wissenswerten? Boulevard-Magazine mit Unglücksmeldungen aller Art? Vollkommen überflüssige, weil subjektive “Chart-Shows”? Immer die gleichen Knallchargen vom Format eines Bohlen oder einer Heidi Klum?

Aber auch noch mal aus einer ganz anderen Richtung betrachtet, erweist sich Doetzens Vorschlag als überaus pikant: erst rennt der Herr nach Brüssel, um mit Hilfe der Oberliberalen in der Kommission den programmlichen und finanziellen Spielraum der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten zu beschränken, bekommt die Kommission soweit, dass sie das deutsche System der staatsfernen Rundfunkgebühren als eigentlich aus ihrer Sicht unerwünschte “staatliche Beihilfe” einstuft. Und dann will er selbst was von dem Geld.

Herr Doetz, geht nicht ein bißchen weniger dummdreist?

-----

Im Oktober 2007 wird ein ganzes Kollektiv geehrt, nämlich die versammelte Mannschaft der

Direktoren der Landesmedienanstalten

Die Direktorenkonferenz
Quelle: ALM

Endlich einmal als Ansammlung von Witzfiguren hat sie das Bundeskartellamt desavouiert, indem es den beiden privaten TV-Gruppen RTL und ProSieben-Sat1 eine Geldbuße in Höhe von insgesamt 216 Mio. Euro verpasst hat, was etwa soviel ausmacht, wie der anderthalbfache Jahresetat aller Landesmedienanstalten. Grund für die Strafe: widerrechtliche Absprachen bei den Preisen für Werbespots. Und siehe da: die ertappten Missetäter muckten nicht einmal auf, sondern bezahlten stickum das Bußgeld ohne noch ein Wort darüber zu verlieren.

 Das ist umso verwunderlicher, als dass die Privatsender sonst um jeden Groschen feilschen und sich schon mal von den Landesmedienanstalten ihre Teilnahme an den digitalen Fernsehübertragungen bezahlen liessen (was die EU-Kommission gerade jüngst erst wieder als unzulässig eingestuft hat) oder sich über 10 Jahre vor Gericht gegen Bußgelder in Höhe von 10 Mio. Euro wegen des Verstoßes gegen die Sendezeitregelungen für Werbespots gewehrt haben (so RTL in einem Streit mit der niedersächsischen Landesmedienanstalt).

Die Anstaltsdirektoren, sonst immer erpicht darauf, den armen schwachen Fernsehveranstaltern möglichst keine Belastungen zuzumuten, damit sie bloß im Lande bleiben und Arbeitsplätze - wohl weniger schaffen als - erhalten, werden sich wohl ein wenig die Augen gerieben haben ob der Summe.

Wollen wir hoffen, dass sie in Zukunft etwas mutiger sein werden, wenn es darum geht, irgendwelchen dreisten Verstößen der Platzhirsche gegen medienrechtliche Bestimmungen nicht nur mit homöopathischen Dosen an Bußgeldern, sondern mit Strafen, die weh tun, zu kontern. Geld ist da, wie man gesehen hat.

-----

Im August 2007 habe ich die Ehre einem wirklich Großen das Witzbold-Prädikat hinterher werfen zu dürfen. Sein Name:

Heino

und der Anlass: der olle “Volks”-Musik-Trollo entblödete sich nicht,

Quelle: Kamelopedia

zum Teilboykott der Rundfunkgebühren aufzurufen, nur weil ARD und ZDF allmählich begriffen haben, dass die öden Heile-Welt-Shows nicht nur inflationär den Bildschirm beherrschen, sondern auch die Interessen des Publikums nicht in dem Maße treffen, wie sie die Kanäle verstopfen. Immerhin haben die Öffentlich-Rechtlichen auch noch einen Bildungsauftrag (und dazu sollte man auch die Geschmacks-Bildung zählen).

Jetzt wollen ARD und ZDF die Zahl der “Volks”-Musik-Sendungen erheblich eindampfen. Lange überfällig der Schritt. Doch Heino passt das gar nicht.

Na, dann boykottier mal schön, du taube schwarz-braune Haselnuss. Hast wohl vergessen, woher in den letzten Jahren der Großteil deiner Honorare stammen. Vielleicht sollten ARD und ZDF in Zukunft diese Honorare um den Betrag kürzen, den die boykottierenden “Volks”-Musik-Fans den Sendern schulden.

 

Der Kandidat für den Monat Juni 2007 heißt:

Kim Reid

und stammt aus Kapstadt.

Kim Reid
Quelle: MWEB.com

Mr. Reid ist verantwortlich für die Handy-TV-Sparte von MIH Group – einer Tochter des südafrikanischen Medienkonzerns Naspers. MIH ist im Juni mit 37,5 % beim Hosentaschenfernseh-Verbreiter MFD (Mobiles Fernsehen Deutschland) eingestiegen. “Wenn es um Handy-TV geht, ist Deutschland praktisch ein Schwellenland” amüsiert sich der Manager vom Kap gegenüber dem Focus.

Die Frage stellt sich allerdings vielmehr, ob man in Südafrika sein Geld nicht besser verwenden kann, als es in einer sinn- und nutzlosen Technologie in Old Europe aus dem Fenster zu werden.

Ich denke, den in Rede stehenden “zweistelligen Millionenbetrag”, den das südafrikanische Unternehmen in die Düsseldorfer 24-Mann-Klitsche investiert hat, hätte man vor Ort sicherlich sinnvoller in AIDS-Präventions- und -Therapie-Projekte investieren können. Vielleicht wäre da das ein oder andere Menschenleben noch zu retten, das dereinst mit einer guten Ausbildung auf einem Managerposten sitzen könnte und derartige Fehlentscheidungen  verhindern würde.

-----

Den Preis für den Mai 2007 kann sich der Kabinettschef von EU-Kommissarin Viviane Reding, der Deutsche

Rudolf Strohmeier

Rudolf Strohmeier
Quelle: Europäische Kommission

abholen.

Auf einer Tagung zur Novelle des europäischen Rechtsrahmens für Telekommunikation am 30. Mai in Berlin versuchte er die dringende Notwendigkeit des Handels von Funkfrequenzen und der Abkehr von Regulierung ausgerechnet mit folgendem Beispiel zu belegen.”Die europäische Automobilindustrie hat lange Zeit vergeblich versucht, ein geeignetes Frequenzband zu bekommen für die europaweite einheitliche Nutzung eines Fahrzeugabstandsradars. Erst auf Intervention der Europäischen Kommission konnte erreicht werden, dass Fahrzeuge nun auf allen Straßen in Europa diesen Dienst nutzen können.”

Da wird sich die Automobilindustrie aber freuen, wenn die heutigen Frequenzinhaber ab 2013 ihre Ressource an den Meistbietenden verticken können.

Nennt sich das nun Deformation Professionelle oder bekommt ein Brüsseler Hirn überhaupt noch mit, was 10 cm tiefer über die Lippen geht?

-----

 für den April 2007 nominiert war

Leonhard Ottinger,

seines Zeichens Leiter der RTL-”Journalistenschule” und damit Verantwortlicher für das Programm dieses Bildungsinstituts.

 Und was lernt der journalistische Nachwuchs heutzutage? Eine Pressemeldung der Düsseldorfer Landesanstalt für Medien (LfM) klärt auf: am 9. Mai findet ein „Trendforum TV“ der RTL-„Journalistenschule” statt mit so aufschlußreichen Referaten wie „Die Geschichte dahinter: Wie erzählt sich ein Produkt“ oder „Wie eine Marke durch Storytelling zum TV-Programm wird – Kommunikationsbeispiele außerhalb der Werbeblocks“.

Ach ja, nur am Rande bemerkt: an der „Journalistenschule“ des Privatsenders RTL ist die Düsseldorfer Landesanstalt für Medien mit 10 % beteiligt. Außerdem wird die RTL-Schule alljährlich mit 77 000 Euro aus dem Etat der Düsseldorfer LFM bezuschußt, also aus Rundfunkgebührenmitteln.

Zu dieser Meldung erreichte mich im Februar 2008 eine Rückmeldung von Herrn Ottinger persönlich. Darin schreibt er:

“Die Veranstaltung ‘Storytelling in der Werbung’ vom Mai 2007 war ein Workshop im Rahmen des Trendforum TV, das wir u.a. mit der LfM durchführen. Dazu finden sich viele interessierte Teilnehmer ein, aber nicht unser journalistischer Nachwuchs. Das Trendforum findet außerhalb unserer Ausbildung statt. Mit Journalistenschülern habe ich das Thema Werbeproduktion nicht bearbeitet.”

Nun gut. Mag sein, dass der journalistische Nachwuchs von RTL nicht im Rahmen des Ausbildungsprogrammes an diesem Trendforum teilgenommen hat. Trotzdem stellt sich die Frage, warum ausgerechnet eine Journalistenschule sich des Themas “Storytelling in der Werbung” annimmt. Als kritische Reflexion des eigenen Mediums kann man das noch verstehen. Aber danach sah das Programm beileibe nicht aus.

Ottinger weiter:”Die LfM ist unser 10%iger Mitgesellschafter. Sie ist und war zu keiner Zeit mit einer Fördersumme von 77 000 Euro bei uns aktiv. In den ersten Jahren war sie mit weniger als der Hälfte jährlich dabei und seit zwei Jahren ist diese Anschubfinanzierung auch beendet. Die 77 000 Euro entsprechen genau dem Sponsoring einer anderen Institution. Insofern liegt da wohl eine Verwechselung vor.”

Wie man diversen Pressemitteilungen der LfM und Fachartikeln entnehmen kann, war die LfM anfangs mit jährlich 150 000 DM beteiligt. Insofern hat Herr Ottinger recht. Nach offiziellem Umrechnungskurs von DM in Euro ergibt sich lediglich die Summe von 76 907,30 Euro. Allerdings bewilligte die LfM im Jahr 2003 tatsächlich die Summe von 77 000 Euro. Inwieweit diese Summe komplett in Anspruch genommen worden ist, entzieht sich leider meiner Kenntnis, da ich keinen Zugang zu den Prüfunterlagen des NRW-Landesrechnungshofes habe.

Im Übrigen scheint die “Anschubfinanzierung” wirklich beendet zu sein. Jedenfalls gibt es aus der letzten Zeit keine Pressemitteilungen der LfM mehr, die über die Förderung der RTL-Journalistenschule informieren.

Interessant wäre allerdings, welche “andere Institution” Herr Ottinger meint. Handelt es sich dabei etwa um die “Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft”?

Ottinger:”Es wäre nett, wenn Sie das korrigieren. Sie finden vielleicht andere Gründe, warum ich ein Medienwitzbold sein sollte.”

Gern geschehen. Ich glaube, ich hab auch schon die Gründe gefunden.

       -----

Im November2006 war es der sehr verehrte Herr Ministerpräsident

Dr. Edmund Stoiber

Herr Dr. Stoiber ward eingeladen von den gesammelten Honoratioren der Evangelischen Kirche, um im Französischen Dom zu Berlin die 1. Berliner Medienrede zu halten. Natürlich erwartet man da als medienpolitisch Interessierter, dass zu solchen Anlässen ein programmatischer Pflock aus dem Süden der Republik eingeschlagen wird. Wirklich markant wurde es aber nicht. Herr Doktor redete hier ein bißchen, redete da ein bißchen, wiederholte seine Position, dass es die Medienpolitik möglich machen solle, dass deutsche Mediengroßkonzerne im Fernsehen noch größer werden dürfen. Die Niederlage gegen Kartellamt und KEK in Sachen Springer hatte er immer noch nicht verwunden. Nun ja. War nicht anders zu erwarten.

Dann aber, da er zu Christen sprach, kam Dr. Edi auch auf das Thema ”Werte”. In  seiner Rede, nur wenige Tage nach dem Amoklauf von Emsdetten, hörte sich das dann so an:

  • ”Die Berichterstattung in den Medien wird zum sozialpolitischen Standortfaktor. Denn Gesellschaftspolitik und Wertevermittlungfindet heute weigehend durch und unter Einbeziehung der Medieninhalte statt.(...)

  • Die Prägewirkung haben übrigens nicht nur Informationsangebote, sondern auch Unterhaltungsformate. Die geschauten Beispiele der täglichen Seifenoper prägen wahrscheinlich nachhaltiger als Politmagazine. Wertevermittlung funktioniert über Vorbilder, positive wie negative. Wenn die Berichterstattung nur Negatives aufzeigt, wenn in nachmittäglichen Talkshows statt Realität nur eine Freakshow läuft, wenn Lebensentwürfe sich auf die Suche nach dem Superstar reduzieren, dann wird eine Gesellschaft sich entsprechend verändern. Das ist keine ungefährliche

    stoiber-Bayern

    Dr. Edmund Stoiber
    (Quelle: Bayrische Staatskanzlei)

    Entwicklung. Deswegen darf das ’ganz normale Leben’ im Fernsehen niemals zur Ausnahme werden. Für mich hat das Fernsehen hier eine enorme gesellschaftliche Verantwortung. Die Medien sind, so heißt es zu Recht, Medium und Faktor der Meinungsbildung. Sie bilden ja nicht nur ab, sie formen sie mit. Vielleicht müssen die Medienpolitiker die Medienmacher an diese Verantwortung künftig wieder öfter erinnern.”

Wo er Recht hat, hat er Recht, aber ich frage mich, wer macht in diesem Lande eigentlich Medienpolitik? Wer unterschreibt die Rundfunkstaatsverträge, wer erläßt Rundfunkgesetze? Das was da so larmoyant beklagt wird, ist schließlich das Ergebnis von jahrelanger Bevorzugung von Privatfernsehveranstaltern, von überaus laschen Lizensierungsbedingungen, die Trash-TV erst außer Kontrolle haben kommen lassen. Nicht jammern und picheln, Herr Minipräsident, sondern hammern und sicheln. Mach Medienpolitik, Ede, aber bitte nicht von der Art, wie du sie als Lösung aus dem Dilemma vorgeschlagen hast.

Am Ende einer Textfassung einer solchen Rede steht meist für die Journalisten der Satz ”Es gilt das gesprochene Wort”. Dr. Edi fügte nämlich an der Stelle des oben zitierten Absatzes einen Exkurs an, in dem er allen Ernstes vorschlug, dass man mal Medienmacher und Lehrer zusammenbringen müsse, damit die Lehrer den Machern mal erzählen, was sie tagtäglich ausbaden müssen, was die anderen allabendlich an Mist auf die Ätherwellen kippen (hat Edi natürlich nicht so wortwörtlich gesagt, aber gemeint). Ich stell mir da jetzt die Lehrer aus der Berliner Rütli-Schule vor oder die aus Emsdetten, die so einem tiefbetroffenen RTL- oder Pro7-Talkshowfuzzi aus ihrem Alltag erzählen.

Ich konnte mich höchstpersönlich und livehaftig vom Aussehen von Dr. Edi überzeugen. Der Mann hat wirklich blaue Augen.

                                                                                                     -----

    Witzbold des Monats September 2006 ist der ehemalige Technische Direktor von RTL Interactive,

    Jürgen Sewczyk

    Im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung auf der IFA erklärte er zum Thema

    Jürgen Sewczyk
    Foto: Bischoff

    “Grundverschlüsselung der digitalen Satellitenprogramme”, dass es kein Problem sei, dass sich die Zuschauer einen neuen Receiver mit einem Leseschlitz für die für die Entschlüsselung notwendigen Chipkarten kaufen müßten. “Die Zuschauer müssen sich daran gewöhnen, dass sie in Zukunft in sehr viel kürzerer Zeit neue Endgeräte kaufen müssen. Das kennen sie ja schließlich vom Computer.”

    Nun, wer meint, die Zuschauer mit derartigen Kosten zusätzlich zu belasten, muss sich nicht wundern, wenn die Zuschauer bei dem Spiel nicht mitmachen und auf die Angebote aus der RTL-Familie verzichten. Mal sehen, ob ihm und seinen Kollegen nicht noch die Investitionen in das Verschlüsselungsprojekt “entavio” voll auf die Füsse fallen.

                             -----

    Im August 2006 : die chinesische Elektronikfirma

    E-TEN Corp.

    Sie hat mit dem E-TEN D110 einen tragbaren DAB-Receiver auf den Markt geworfen mit dem wahrhaft umwerfenden Feature der UKW-Weiterübertragung.

    Damit ist zum ersten mal - wie die DAB-Lobby
    jubelt - ein Gerät auf den Markt gekommen, das die neu von der Bundesnetzagentur eingeräumte Möglichkeit nutzt, mit UKW-Sendern geringster Leistung Audiodaten in vorhandene Empfänger zu übertragen. Gedacht ist das beispielsweise für den Fall, dass man in ein Autoradio mit Cassettenteil die Musik von einem tragbaren CD-Player hineinfunkt. Eigentlich ein ganz pragmatischer Ansatz. 

    E-TEN D110
    Quelle: E-TEN Corp.

    Denken wir mal für fünf Pfennig nach: da haben wir ein digitales Radio-System, das ja mittelfristig den UKW-Rundfunk ablösen soll. Und ich habe einen digitalen Empfänger, mit dem ich in (theoretisch) bester Qualität meine Musik empfange. Dieser Empfänger wandelt dann mein Musiksignal wieder um und schickt es im UKW-Spektrum weiter an mein herkömmliches analoges Radio. Wirklich: höherer Blödsinn.

     

     

     

    -----

    Witzbold des Monats Mai 2006 : der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

    Hartmut Schauerte

    In nahezu entwaffnender Offenheit erklärte er auf dem Medienforum NRW in Sachen Rundfunkdigitalisierung: „Wir verstehen davon nicht viel, es ist schwierig genug, den ganzen, neuen Technologien zu folgen." . Eigentlich sollte man ein klares Wort ja mal loben. doch leider sind solche Aussagen mehr als traurig, wenn man bedenkt, das

    Hartmut Schauerte
    Quelle: BMWi

    das Wirtschafts- und Technologieministerium zuständig dafür ist, dass die Rahmenbedingungen für die zukünftigen Entwicklungen geschaffen werden. Man sollte dort also Sachverstand erwarten.

    Stattdessen allerdings umgibt man sich mit obskur zusammengekommenen Fachkreisen aus der Wirtschaft wie etwa dem “Forum Digitale Medien” (ehemals “Initiative Digitaler Rundfunk”) (über dessen Zustandekommen siehe auch).

    Immerhin: ein wenig scheint Herr Schauerte doch begriffen zu haben. An anderer Stelle des Medienforums sagte er ebenso offen zum Thema Handy-TV: „Es ist wirklich nicht nötig, aber die Menschen werden es haben wollen." An dieser Stelle noch ein Verweis zum Thema Politiker und neue Anforderungen der Medienpolitik

     -----

    Witzbold des Monats April 2006 ist diesmal eine Firma, nämlich der niederländische Elektronikhersteller:

    Philips

    genauer gesagt, deren Forschungsabteilung. Diese hatte, so meldete der Fachdienst “Digitalfernsehen.de”, eine Technologie entwickelt, die das Zappen bei und das Überspringen von Werbeunterbrechungen in digitalen Aufnahmen verhindern soll. Dies wurde dieser Tage bekannt, nachdem das amerikanische Patentamt den Holländern ein entsprechendes Patent erteilt hatte und dies veröffentlichte.

    Man ist ja in der letzten Zeit schon Einiges gewöhnt, mit welch unverschämter Dreistigkeit das Medienkapital versucht, die Zuschauer mit immer mehr Zwagstechnologien zu knebeln - seien es die extrem rigiden

    Kopierschutzmechanismen im zukünftigen HDTV-System, sei es der Versuch von Astra, den Zuschauern Zwangsgebühren aufzuzwingen. Aber an dieser Stelle fragt man sich: wer glaubt eigentlich in der Geräteindustrie, mit derartigen Nutzerbevormundungen ausgestattete Geräte wirklich verkaufen zu können? Philips offenbar selbst nicht.
    Flugs beeilte sich der Konzern nämlich, zu versichern, dass er seine eigenen Empfangsgeräte nicht mit der entsprechenden Technologie ausstatten wolle und es auch in den vergangenen drei Jahren, in denen das Patent schon zur Begutachtung vorlag, keinerlei Anfragen von anderer interessierter Seite gegeben habe. Zu überprüfen wäre jetzt noch allenfalls, ob das amerikanische Patentamt das Patent am 1. April erteilt hat.

    -----

    Es hat lange gedauert, bis ich mich für einenWitzbold des Monats März 2006entscheiden konnte. Doch schließlich war die Wahl eindeutig. Das Problem war die Auswahl zwischen den Kandidaten. Als da wäre die Nr. 1:

    Wolf Dieter Ring
     Direktor der Bayerischen Anstalt für Neue Medien (BLM)

    Ring hatte etwas Berlusconihaftes, nämlich sein permanentes Nachtarocken gegen die KEK, die in Sachen Springer/Pro7 nicht in seinem Sinne entschieden

    Wolf Dieter Ring
    Quelle: BLM

    hatte. War seine Vorfestlegung im letzten Herbst auf die Fusionserlaubnis schon peinlich genug - ein Medienanstaltspräsident hat den Mund zu halten, so lange eine Kommission die Entscheidung vorbereitet, über die er und seine Kollegen hinterher abschließend befinden können - so versuchte Ring noch nach Absage der Fusion von Seiten von Springer mit diversen Gutachten die Entscheidungfindung der KEK zu konterkarieren. Als er das auch noch höchstoffiziell in der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten durchsetzen wollte, holte er sich endlich die verdiente blutige Nase: seine Kollegen lehnten die Beschlussfassung ab.

     

    Nr. 2 war

    Thomas Braun,
     seines Zeichens Präsident des Kabelbetreiberverbandes ANGA.

    Thomas Braun,
    Quelle: ANGA

    Forderte der doch tatsächlich auch für das digitale terrestrische Fernsehen eine Grundverschlüsselung der Signale. Hintergrund ist, dass Astra demnächst die digitalen Satellitensignale verschlüsseln und für den Zugang zu Satelliten-TV abkassieren will. Das wollen die Kabelbetreiber schon länger. Dumm, dass das terrestrische Fernsehen weiterhin kostenlos via Antenne ins Haus kommt. Das unterläuft doch glatt die “Geschäftsmodelle” der Gschaftlhuber. Der Vorschlag von Braun daher nicht nur dumm, sondern dummdreist.

     

    Schließlich gewonnen hat allerdings

    Bodo Hombach.

    Bodo Hombach
    Quelle: Medienforum NRW

    seines Zeichens Geschäftsführer der WAZ-Zeitungsgruppe.

    Auf einem Kongress der Bundeszentrale für Politische Bildung erklärte Hombach “Nur Qualitätsjournalismus sichert die Zukunft der Zeitung” (epd-medien 16/2006)

    Das ist insofern ein Hohn, als ausgerechnet die Westdeutsche Allgemeine Zeitung, das wirtschaftliche Flaggschiff der Essener Gruppe, das Musterbeispiel für ein schlechtes Provinzblatt ist, das nur dazu da ist, die  Vermögen der zwei Eigentümerfamilien zu vermehren (Verlegerfamilien mag man da gar nicht sagen, denn von verlegerischem Ethos, das in anderen Zeitungshäusern herrscht, kann in Essen nicht die Rede sein).

     Mit den Gewinnen können die Eigentümerfamilien dann bequem investieren in Bereichen wie Versandhandel (Otto-Versand), Schifffahrt, Autoschlossfabriken und Kölner Luxushotels.

     Wer die Westdeutsche Allgemeine aufschlägt, der wird nur das allernötigste an täglicher Information finden sowie einen großen Regional- und Lokalteil - zugegebenermaßen die Stärke des Ruhrpottblattes. Hintergrundberichterstattung etwa auf der Seite Drei, wie das die Süddeutsche Zeitung, die “Berliner Zeitung” und selbst der “Kölner Stadtanzeiger” anbieten, findet nicht statt. Die Kommentare sind auf Standardlänge festgelegt. Nicht von ungefähr muss man Zitate aus der WAZ in überregionalen Pressespiegel über’s Jahr mit der Lupe suchen.

    Auf der einzigen Feuilletonseite findet man neben kurzen Buchbesprechungen auch Meldungen aus der Wissenschaft. Dritte-Welt-Berichterstattung wie selbst im Konkurrenzblatt “Ruhr-Nachrichten” sucht man vergeblich. Wirtschaft findet auch nur auf maximal zwei Seiten statt und das möglichst mit regionalem Bezug.

    Klar: der regionale Bezug ist die wirtschaftliche Basis für die WAZ. Auf der anderen Seite ist es aber ein Armutszeugnis, wie das Publikum in Deutschlans größtem Ballungsraum mit einer derartig schlechten Zeitung für dumm verkauft wird.

    Hinzu kommt, dass die schiere ökonomische Macht der WAZ jedwede Chance, eine attraktive Konkurrenz zu etablieren, im Keim erstickt. Der NRW-Teil der Süddeutschen Zeitung ist vor einigen Jahren wieder eingestellt worden, die taz-NRW hat auch Schwierigkeiten und die unmittelbare Konkurrenz stellt mittlerweile auch ihre Lokalausgaben ein (Buersche Zeitung und Ruhr-Nachrichten in Gelsenkirchen, Gladbeck und Bottrop). Andere wagen sich nicht in die Höhle des Löwen. Per Gebietsabsprache - so vermuten Insider - sind die Claims im Rhein-Ruhr-Gebiet seit langem abgesteckt.

    -----

    Der Witzbold des Monats November 2005 ist diesmal eine Witzboldin und heißt:

    Irene Johnson
     Pressesprecherin von Power Radio, Berlin

    Wie die taz meldete, hat Otto Schily seine Karriere auf seine alten Tage noch als Finanzinvestor bei der Berliner Firma “Power Radio” fortgesetzt. Mit einem ungenannten Betrag beteiligt sich der Ex-Innenminister bei der Firma des Radio-Undertakers (bitte beachten: “undertaker” heißt übersetzt nicht Unternehmer!!!) Thomas Thimme.

    Frau Johnson in der taz: "Gehen Sie davon aus, dass Herr Schily nicht in etwas investiert, das unseriös ist".

    Thomas Thimme, Irene Johnson, Otto Schily
    Quelle: www.radioszene.de

    Zur Person von Thomas Thimme: In den frühen achtziger Jahren war er medienpolitischer Referent der ersten Bundestagsfraktion der Grünen und vehementer Befürworter eines juristisch nicht näher definierten Modells der Freien Radios.

    Ende der achtziger Jahre war er Geschäftsführer des ersten alternativen Radios “Radio 100” in Berlin, das er - nachdem es wirtschaftlich scheiterte - ohne Rücksicht auf die Beschäftigten - der französischen Radiokette NRJ verkaufte. Später stieg er beim CDU-lastigen Konkurrenzsender “100,6” als Geschäftsführer ein. Pikanterie am Rande: einige Jahre vorher, als sich “100,6” und “Radio 100” noch die Frequenz teilten, antwortete “Radio 100” auf die regelmäßige Nationalhymne zum Sendeschluß von “100,6” mit dem Geräusch einer Klospülung.

    Thimme stieg sogar zwischenzeitlich zum Geschäftsführer des lokalen Fernsehsenders “tv berlin” auf, bei dem wie auch bei “100,6” der Rechtsaußen Georg Gafron seine Finger im Spiel hatte und der zu jener Zeit zeitweilig dem Kirch-Sproß Thomas Kirch gehörte.

    Später dann versuchte Thomas Thimme mit dem Projekt “Power Radio” ein Radio auf Mittelwelle in Schleswig-Holstein zu etablieren in der Hoffnung auf die großartige

    technische Zukunft des Digitalradiostandards DRM. Die Landesmedienanstalt Mecklenburg-Vorpommern bemängelte mehrfach das niedrige Niveau des Programmes von “Power Radio”, das überhaupt nicht den Lizenzbedingungen entspreche und fordert schon seit 2001 die Rückgabe der Frequenzen vor Gericht ein.

    Zuletzt fiel Thimme unangenehm auf, als er - wieder einmal Geschäftsführer beim einstigen Berliner Marktführer - “100,6” zu Grunde wirtschaftete und in einer Nacht- und Nebel-Aktion die Schlösser auswechselte und die Radiomacher aussperrte. Die erhoffte Neuzuteilung der Lizenz für “100,6” versagte ihm die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) Anfang Dezember.

    Wie war das noch gleich: Otto Schily investiert nur in seriöse Unternehmen?

    -----

    Der Witzbold des Monats August 2005 sitzt beim

    Deutschen Kabelverband
    dem Zusammenschluß der großen Kabelnetzbetreiber

    und heißt Rütger Keienburg, seines Zeichens Präsident des Verbandes.

    keienburg

    Rütger Keienburg
    Quelle: Deutscher Kabelverband

    Rechtzeitig noch zur Funkausstellung schickte die PR-Agentur Susbauer im Auftrag des Deutschen Kabelverbandes eine Presseerklärung raus, in der sich der Verband bitterlich darüber beschwerte, dass die sich privaten Fernsehveranstalter nicht mit den Kabelnetzbetreibern auf eine digitale Einspeisung ihrer Programme einigen wollen. Gleichzeitig kramt der Verband eine ominöse Pflicht der Veranstalter zur digitalen Einspeisung hervor - wo immer die auch niedergeschrieben stehen mag.

    Die Programme sollen dann unter der Verantwortung der Kabelnetzbetreiber grundverschlüsselt werden, während dies für die öffentlich-rechtlichen aus verfassungsrechtlichen Gründen gar nicht erst zulässig ist. Wen wundert’s, wenn die Privaten aus Angst vor Marktanteilsverlusten sich nicht grundverschlüsseln wollen? Den Deutschen Kabelverband.

    Aber der hat scheinbar auch noch nichts von Vertragsfreiheit gehört. Und die besteht auch darin keine Verträge abschliessen zu dürfen, wenn sie für den entsprechenden Vertragspartner zu ungünstig sind.

    -----

    Witzbold der Monats Juli 2005 ist:

    Andreas Schnoor
    und ist Inhaber der Product Placement Agentur “Kultur + Werbung”

    Dieser Herr entblödete sich nicht, von der Bavaria-Filmproduktionstochter “Maran” 21 750 Euro zurückzufordern, weil aus der letzten Ausgabe des “Bienzle”-Tatorts (“Bienzle und der Sizilianer”) die Schleichwerbungsszenen für Mineral- und Rapsöl herausgeschnitten worden sind.

    Schon im Vorfeld der Ausstrahlung teilte er der Produktionsfirma mit, dass er dieses Geld zurückfordere, falls “die gesendete Version nicht mit der von ihm ‘abgenommenen’ übereinstimme.” schrieb der “Spiegel”. “’Wenn die Leistung nicht erfolgt, und die Maran würde die Summe nicht zurückzahlen, wäre das ja Betrug’, sagte Schnoor dem SPIEGEL.” hieß es in “Spiegel Online”.

    Soweit kommt es also, dass die Herren Schleichwerber schon Filme abnehmen und für sendefertig erklären.

    Außerdem drohte Schnoor der Firma Maran mit Schadenersatzforderungen, falls Details aus den Schleichwerbeverträgen an die Öffentlichkeit kämen.

    Ich jedenfalls freue mich schon auf den Prozess vor einem ordentlichen öffentlichen deutschen Gericht, in dem der Richter genüsslich aus den rundfunkrechtswidrigen Verträgen der Firma “Kultur + Werbung” mit Maran zitieren wird, weil sich Maran die Vertragsstrafe nicht gefallen lässt.

    -----

    Schon wieder Witzbold der Monats (diesmal für Juni 2005) ist:

    Norbert Schneider,
    Direktor der Düsseldorfer Landesanstalt für Medien

    Angesichts der aktuellen Diskussion über Schleichwerbung forderte er in der “Welt” vom 1. Juni einfach die Änderung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften.

    Auf die Interviewfrage “Wie soll ein kleiner Spartensender auf legale Weise schwarze Zahlen schreiben?” antwortete Schneider: “Darüber sollten wir uns rechtspolitisch den Kopf zerbrechen. Wie finanziert man sein Programm jenseits des Spots? Zum Beispiel so, dass eine Firma X eine halbe Stunde Programm über sich selbst macht - und bezahlt.”

    Warum sollte man sich rechtspolitisch Gedanken machen? Wer hat eigentlich den Landesmedienanstalten gesagt, dass sie hunderten neuer Spartensendern, deren Finanzierungskonzept von vornherein nicht stimmig ist, die Lizenz erteilen sollen, wenn absehbar ist, dass diese gegen die rundfunkrechtlichen Vorschriften verstoßen werden. Ach nein, dann lockern wir lieber mal wieder (im Zweifel mit Hilfe der EU-Kommission) die staatsvertraglichen Stellschrauben und erlauben Schleichwerbung immer und überall.

     Das gebietet uns ja schon unsere Fürsorgepflicht gegenüber den obskuren Medienunternehmen, die die Zuschauer mit Spartenkanälen für Angler und Modenschauen, Autotuner und Tourismus beglücken.

     Schon mal was von unternehmerischem Risiko (im Rahmen geltender Gesetze) gehört, Herr Schneider?

    -----

    Zum Witzbold der Monats Mai 2005 reichte es für:

    Bert Pröpper,
    Geschäftsführer der Digitalradio West GmbH,
    Geschäftsführer der Trinloc DAB-Geräte-Vertiebs und
    Vorstandsmitglied der Initiative Marketing Digitalradio

    Meister Pröpper jubilierte doch Ende Mai in einer Pressemitteilung über einen angeblichen

    Bert Pröpper
    (Quelle: IMDB)

    “Zeitplan” der EU-Kommission, nach dem bis zum Jahre 2012 “nicht nur das Fernsehen, sondern auch das Radio digitalisiert sein soll.”

    Wer sich nun die hochoffizielle Mitteilung der EU-Kommission genauer durchliest, wird allerdings feststellen, dass zwar die Kommission etwas von 2012 schreibt. Allerdings ist dies ein Vorschlag, nach dem sich möglichst alle Mitgliedsstaaten richten sollten, also längst noch nichts Verbindliches. Letzlich ist in dem Papier auch nicht in einem einzigen Wort von “Digital Audio Broadcasting” oder DAB die Rede. Das mag mit der in EU-Kreisen weit verbreiteten Ignoranz gegenüber dem Medium Radio zu tun haben. Im Prinzip verstehen die Eurokraten Digitalradio hier nur als einen weiteren potentiellen Dienst im Rahmen von DVB, denn von etwas anderem wird in der Mitteilung nicht gesprochen.

    Bert Pröpper, als Geschäftsführer der Digitalradio West quasi in Diensten von WDR, Deutschlandradio, der LfM und der Telekom, freut sich jedenfalls schon auf glänzende Geschäftsaussichten für seinen Nebenjob als Geräteverkäufer. Er sieht “bei Anschaffung nur eines Gerätes pro Haushalt, bis 2012 ein jährliches Potential von mehr als 5 Millionen DAB-Geräten”. Der Informationsdienst Digitalfernsehen.de zitiert Pröpper: "Trinloc ist für diesen Markt gerüstet und bietet aus eigener Produktion nur DAB-Geräte an, die UKW und beide DAB Frequenzen (L-Band und Band III) empfangen können".

    -----

    Zum Witzbold der Monats April 2005 hat es gereicht für

     Norbert Schneider,
    Direktor der Düsseldorfer Landesanstalt für Medien

     Über ihn heißt es im “Spiegel” 14/05 zum Thema Schleichwerbung: Schneider empört sich über ‘die moralische Unanständigkeit, mit der Werbung heute ganz unverblümt im Programm platziert wird’".

    Moralisch empören, das ist zutiefst protestantisch - und folgenlos. Weiter so Herr Direktor. Immer schön empören und als Aufsichtsbehörde die Hände in den Schoss legen. Ich ahne schon jetzt, dass nach der angekündigten “umfangreichere Überprüfung der Programme der Privatsender” wieder nichts dabei herauskommt.

    Und das Verständnis für die Position von Stefan Niggemeier wächst bei mir von Stunde zu Stunde.

last update Freitag, 27. November 2009